altmarkgeschichte

Datenbank Historischer Grabmäler der Altmark





Stephan Prätorius

Pastor

Sterbedatum:
05.05.1603
Konfession:
evangelisch
Ort:
Salzwedel
Standort:
Katharinenkirche
GPS:
11.155871 - 52.855516

Beschreibung Grabplatte
Zustand
:
Die Oberfläche der Grabplatte aus Sandstein ist im linken Randbereich abgetreten und weist zum Teil auch Fehlstellen auf. Ferner verunzieren Spritzer von weißer Wandfarbe das Grabmal.

Dekor:
Ein breiter Rand wird durch eine gekerbte Linie vom Textfeld abgesetzt. In den Ecken befinden sich Medaillons, deren Symbolik größtenteils nicht mehr erkennbar ist. Oben links ist schemenhaft eine Person erkennbar. Unten rechts wird ein Adler, der auf einem Spruchband mit erhabener Schrift steht, gezeigt. Von dem Spruch sind nur noch einzelne Buchstaben lesbar. Das Schriftfeld mit gekerbter Schrift wird durch ein Wappen, das in einem Lorbeerkranz steht, unterteilt. Im Schild ist ein Schrägbalken sichtbar, unter dem eine Getreidegarbe steht.

Inschrift:
REVERENDI ET CLARIS
SIMI VIRI . DN. M. STEPHA
NI PRÆTORII
PASTORIS
HVIVS ECCLESIÆ
CELEBERRIMI
EPITAPHIVM

(FVNDIT) HVMVS VARIOS VBI VERNO TEMPORE FLORES,
(VR)BIS HONOS NOSTRÆ, CRATA CORONA, CADIT.
S…, NITIDE RECIDVNT FLORES MODO, SVNTQVE CADVCI.
VRBIS ADEST, STEPHANOS, QVANDO RESVRGIT HONOS.

CORPVS AD EXIGVVM TEMPVS REQVIESCIT IN VRNA,
SPIRITVS ÆTHEREO IVBILAT IPSE DEO,
EMERITI DE MORE VIRI VIVAMVS HONESTI,
ET BONE CHRISTE, TVVS NOS TVFATVR HONOS ∙

OBIIT PIE ∙ 5 MAII AN̅O DN̅I 1603
ÆTATIS 67
M. N. R. C. F.

Lage:
Die Grabplatte steht innerhalb der Kirche an der Südwand nahe der Kanzel.

Beschreibung Gemälde:
Das gerahmte Bild zeigt Prätorius lebensgroß in Amtstracht. Er hält in seiner linken Hand ein Tuch und hat unter seinem linken Arm ein Buch mit hervorstehendem Lesezeichen geklemmt. Hinter ihm steht ein Schädel mit aufgesetzter Sanduhr auf einem Tisch. Über seinen Schultern ist eine Inschrift lesbar.

Inschrift:
REVERENDI AT CLARISSIMI VIRI DOMINI M. STEPHANI PRÆTORII PASTORIS ECCLESIÆ
NOVÆ
SOLTQUELLÆ PRÆSTANTISS: MEMORIA.
ERGO FUERE DIES CUNCTI, PRIMÆVUS ADAMUS
NONGENTI ET TRIGINTA ANNI, QUOS VIXERAT OLIM
QUANDO OBIIT TANDEM ∙ BREVE TEMPUS IN ORBE VAGAMUR
QUALIS CONDITIO VITÆ, SED MANSIO FIRMA
PARTA PIIS, SURS UM SPECTANTIBUS AUSPICE CHRISTO
SICETIAM, CONSTANTER UBI SACRA IUSSA PROFESSUS
ORNAMENTUM URBIS PULCHRUM CELEBRIS QUE CORONA
ULTRA ANNOS VITÆ TRIGINTA IBI CONCIDIT ÆTAS ∙
M: NICOLAUS RISLEBIUS.
CONSUL.
RENOVATUM ∙ 1697 ∙

USQUE VIRI FORTIS SANCTA AC VENERANDA SENECTA
GRATUS ERAT VERIS TEMPLI AUDOTORIBUS, APTIS
MORIBUS EXCELLENS DONIS VIGILI QUE ALBORE
ADDIMUS EGREGIAS ARTES LINGULAS QUE MODESTAS
DISPENSATORIS QUOQUE IUSTA PRECATIO VERBI
PECTORIS IRATUM GEMITU ELECTEBAT OLYMPUM
QUID NUNC ? LÆTITIA FRUITUR POST FATA SUPERNA
OBDORMIVIT PLACIDE 5 MAY
ANNO DOMINI 1603
ÆTATIS SUÆ _ 67
MINIST:_ 30

Lage:
Das Gemälde lehnt an der Südwand neben dem westlichen Portal.

Anmerkung:
Danneil „Kirchengeschichte der Stadt Salzwedel“, C. A. Schwetschke, Halle 1842, S. 308ff: „M. Stephan Prätorius (1566 – 1569) Er war eines Bürgers Sohn aus Salzwedel, geboren am 3. Mai 1539, besuchte unter dem berühmten Rector Abdias Prätorius die Altstädter Schule in Salzwedel; nach dessen Entfernung ging er nach Seehausen, Gardelegen und Magdeburg; studirte in Rostock, wo er nach beendigten Studien an den dortigen Schulen mehrere Jahre unterrichtete. Im Jahre 1565 erhielt er den Ruf zum Diaconat der Altstadt, und verwaltete zugleich das Predigtamt auf dem Amte Salzwedel (…). Im Jahre 1569 kam er als Pastor nach der Neustadt (…). Die Concordienformel unterschrieb er, und ward 1594 bei den Streitigkeiten mit Cuno durch den Commissarius M. Prunner genöthigt, einen besonderen Revers deswegen auszustellen. In den Sammlungen von alten und neuen theologischen Sachen von 1727 S. 916 wird ein Revers, den Steph. Prätorius am 4ten Juni 1600 den Visitatoren ausgestellt haben soll, und von dem ältesten Kammergerichts = Rath Mart. Friedr. Seydel attestirt, daß die Abschrift genau mit dem Original übereinstimme. Nach diesem Revers soll er 4 Irrthümer, deren er sich in verschiedenen Tractaten habe zu Schulden kommen lassen, wiederrufen und versprochen haben, sämmtliche Exemplare den Visitatoren auszuhändigen, auch sie anheischig gemacht zu haben, Nichts wieder ohne Consens des Consistoriums drucken zu lassen. Dieser Revers ist zuverlässig untergeschoben und ein späteres Machwerk; denn der Inhalt desselben steht in directem Wiederspruch mit den gleichzeitigen noch vorhandenen Verhandlungen in hiesigen Archiv, während von jenen Irrthümern sich durchaus keine Notiz in den Acten vorfindet. Der Anfang des Visitationsrecesses vom 28. Juni 1600 enthält gerade das Gegentheil davon. indem es also lautet: Und seyn anfänglich die Visitatores, hocherfreut, daß E. E. Rath mit dem Pfarrherrn, Caplänen, Rector und Schuldienern keinen Spaltungen und verdammlichen Secten anhangen, sondern in den führnehmste articulen reiner Lehre in göttlicher Schrift, der Augsburgischen Confession und Unsers gnedigsten Herrn christlicher Kirchenordnung gegründet, einig sein - wollen deswegen die Visitatores solches gegen Unsern gnedigster Herren zu rühmen nicht unterlassen.“ Dazu kommt ein noch vorhandenes Zeugniß, das die Visitatoren dem Steph. Prätorius unter dem 29. Juni 1600 noch besonders ausstellen. (…). Endlich erregt das Datum des Machwerks gegründeten Zweifel. Die Visitatoren beendigten 1600 den 28. Juni ihr Geschäft auf der Alt = und Neustadt, der Revers aber soll am 4. Juni ausgestellt sein. Dann müßte die Kirchenvisitation einen ganzen Monat gedauert haben, während 1541 das weit schwierigere Geschäft auf 4 Tagen auf jeder Stadt beendigt ward. Das Pfarramt auf der Neustadt verwaltete er bis zum Jahre 1603, wo er den 5ten Mai, geachtet und geliebt von seiner Gemeine, mit dem Zeugnisse eines wahrhaft frommen und gottseligen Mannes starb. Vorher, 1571, hatte er den Ruf als Superintendent der Altstadt an Symmachus Stelle und 1582 nach Uelzen ausgeschlagen. Ein nicht unbedeutendes Verdienst erwarb er sich um die Jugend, daß auf seine Veranlassung das schlechte Lokal der Neustädter Schule mit einem bessern vertauscht ward, indem er durch Aufmunterung der wohlhabenden Bürger dem Rath die Mittel überwies, daß ein neues geräumigeres und gesunderes Gebäude bei der Katharinenkirche (das Lokal der jetzigen Neustädter Elementarschule) erbauet werden konnte. Er hat eine Menge meistens kleiner Tractätchen in Druck gegeben, die später gesammelt sind. Diese Sammlungen führen folgende Titel: 58 auserlesene Geist = und Trostreiche tractätlein etc. mit einer Vorrede von Joh. Arnd in verschiedenen Ausgaben, als Lüneburg 1662, Goslar und Nordhausen 1673, Halberstadt cura Amersbachii 1675. – Steph. Pretorii teutscher Schriften anderer Theil, herausgegeben von Seemann, Budissin 1724. – Opuscula sacra Praetorianan selecta seu M. Steph. Praetorii Lilium Convallium, Luscinia cantatrix, Rosa nobilis, Cantabriga, Sacrarum amoeniorumque literarum cultoribus ingenuis consecrata c. praef. Meureri, Soltq. 1725. (Einige von diesen Abhandlungen sind auch deutsch erschienen.) – Steph. Praetorii ordo studiorum cum Osiandri di studiis privatis recte instituendis et Spangenbergii tractatu decomparanda memoria artificiali, Witeb. 1597. 8. – Historiae familiares, 1572. 8. Einen Auszug aus seinen Schriften edirte später M. Martin Statius, Prediger in Danzig, unter dem Titel: Auszug oder Prodromus der Schatzkammer, und: die geistliche Schatzkammer der Gläubigen. Nun entstand ein gewaltiger theologischer Streit über des Prätorius Schriften, indem seine Lehren von Einigen durchweg als Ausgeburt des Teufels verworfen, von Andern aber vertheidigt wurden, die Mittelstraße gingen die Theologen in Leipzig, Jena und Wittenberg, so wie auch Spener. Vergl. darüber: Arnold Kirchen = und Ketzerhistorien Theil 2 Bd. 17. Cap. 6. §. 1 – 4; Heinsius kurze Fragen aus der Kirchenhistorie N. T. 6r Th. 1722. S. 425 und 665 ff.: - Rango Warnung gegen die Irrthümer Praetorii und Statii, Wittenberg 1583; Spener consilia et judicia theologica p. 1, 87 und 3, 665; Dessen theologische Bedenken Th. 3. S. 304. 423. 714.“
In Salzwedel trägt heute eine Schule seinen Namen, auf deren Homepage (Evangelische Grundschule Stephan Praetorius: Startseite www.praetorius-schule.de/) zu lesen steht: „Der Theologe Stephan Praetorius lebte von 1536 bis 1603. Er ist in Salzwedel geboren und in der St.-Marienkirche getauft worden. Die wohl recht begüterten Eltern ermöglichten ihm eine außerordentliche Schulbildung und schließlich ein siebenjähriges Studium an der Rostocker Universität, an der er Theologie und einige Semester Medizin studierte. Das Studium war von jungen nachreformatorischen Professoren geprägt und bewirkte eine bleibende Bindung an Luther und Melanchthon. In seine Heimatstadt zurückgekehrt, war er zunächst Diakon in St. Marien und ab 1569 bis zu seinem Tode Pfarrer in St. Katharinen. Ein lebensgroßes Ölgemälde aus dieser Zeit befindet sich in der Kirche, ebenso das Epitaph. Aus beiden Zeugnissen spricht die hohe Wertschätzung und Hochachtung, die Praetorius erfahren hat.
Das Wirken von Stephan Praetorius ist in der Katharinenkirche bis zum heutigen Tage sichtbar. So hat er die Kanzel bauen lassen, die in ihrem Relief und den Inschriften Teil der reformatorischen Verkündigung ist. Auch die Buntglasfenster aus dem 15. Jahrhundert hat er renovieren lassen und durch Umgestaltung in die neue protestantische Konzeption integriert.
In der Seelsorge orientierte sich Praetorius an den wirklichen Bedürfnissen seiner Gemeinde. So ist er unter der Bezeichnung „Pestpfarrer“ wohlwollend in die Geschichte eingegangen, weil er einerseits unermüdlich geistlichen Trost spendete und praktische Hinweise im Umgang mit den Kranken erteilte und zum anderen die Obrigkeit ermahnte, für die medizinische und hygienische Betreuung der Pestkranken in der Verantwortung zu stehen. Seine „Trostsprüchlein für die Kranken“, „…für die Seefahrer“, „..für die Kaufleute“ usw. sprechen davon, dass er sich in die Lebenssituation verschiedenster Berufsgruppen und sozialen Schichten hineinversetzte. Er hat insgesamt 85 Drucke herausgegeben. Bis in die Gegenwart werden seine Werke verlegt, insbesondere in Nordeuropa, in der Schweiz und in den Niederlanden. Sein zentrales Werk ist die „ Geistliche Schatzkammer der Gläubigen“, ein viel gelesenes Andachtsbuch, das aus den Trostsprüchlein hervorgegangen ist.
Der Nachwelt ist er als so genannter Erbauungsschriftsteller bekannt. Er hat insgesamt 85 Drucke in lateinischer Sprache, aber vor allem auch in deutscher Sprache herausgegeben. In einer bildhaften, der Erfahrungswelt praktisch arbeitender Menschen entnommenen Sprache faszinierte er seine Mitmenschen. Bis in die Gegenwart sind seine Werke präsent, insbesondere in Nordeuropa, in der Schweiz und in den Niederlanden. Sein zentrales Werk ist die „ Geistliche Schatzkammer der Gläubigen“, ein Andachtsbuch, das aus den Trostsprüchlein hervorgegangen ist. Die neueste wissenschaftliche Abhandlung über Praetorius verfasste Eckhard Düker aus Paderborn im Jahre 1998.
Bessere Lernbedingungen seiner Lateinschüler lagen ihm am Herzen, als er die an der Nordseite der Katharinenkirche gelegene unbequeme Lateinschule durch einen modernen Bau am Kirchplatz ersetzte. Das heute noch unter der Bezeichnung „ Alte Lateinschule“ genutzte Gebäude ist indirekter Vorgänger des Jahn-Gymnasiums. Reformen in der Schule waren die logische Konsequenz seiner Lebensauffassung. Er räumte dem Mutterspracheunterricht einen breiteren Raum ein. Für Schüler und Studierende verfasste er ein Werk über Methoden des Lernens. In ihm empfahl er die konsequente, rituale Gliederung des Tagesablaufs und verdeutlichte die Rolle der Körperhygiene, der Ernährung, des Sportes und Spieles. Allerdings war sein Bemühen um die Gründung einer Mädchenschule noch nicht erfolgreich.
Die Kraft für sein umfangreiches praktisches und kreatives Wirken schöpfte Praetorius aus der Überzeugung von der gegenwärtigen Seligkeit der Gläubigen durch die Taufe. Sein gelebter Glaube war von Lebendigkeit und Fröhlichkeit gekennzeichnet. Und dieser froh machende, dem Evangelium entspringende, auf das Leben gerichtete Glaube ist es auch, der eine gute Grundlage für das Zusammenleben an einer christlichen Schule ist.“ Im Sterberegister der Katharinenkirche wurde 1603 festgehalten: „M. Steffanus pra̅e̅torius, pastor, obijt den 7 maij, S. catrinen“.

Text und Foto:
Frank Moldenhauer, Magdeburg 2018